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Computertomographie in der Archäologie: Nachweis einer verborgenen Inschrift in einem Degenfund aus dem „Collegium Jenense“

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Kollegienkirche in Jena durch einen Bombentreffer zerstört. Bis dahin war sie der wichtigste Zentralort der Universität seit deren Gründung im 16. Jahrhundert. Zwischen 1594 und 1814 diente sie zusätzlich als Bestattungsplatz für Professoren, deren Familienangehörige sowie Studenten. Diese wurden in Grüften mit zum Teil aufwendigen Beigaben bestattet. In vier Fällen handelte es sich bei den Beigaben um Degen.
Seit Ende 2018 arbeitet ein interdisziplinäres Forscherteam der Universität Jena daran, die Funde in dem Projekt „Frühe Jenaer Universitätsgeschichte anhand des Kollegienquartiers und unter besonderer Berücksichtigung der Rektorengräber“ mit den heute zur Verfügung stehenden modernen Methoden aufzuarbeiten.

Der Archäologe Enrico Paust übergab INNOVENT e.V. den Degen, da die Restauratorin Ivonne Przemuß unter der dicken Rostschicht des Degens eine Inschrift vermutete.

Um dieser Vermutung nachzugehen, nutzten die Wissenschaftler des Institutes die Computertomographie - eine „Volumen-Methode“, die im Unterschied zu den Methoden der Oberflächenanalytik auch in das Innere einer Probe „sehen“ kann.
Der bei INNOVENT seit Ende 2022 verfügbare Computertomograph „EasyTom 150-160 X-Ray Micro& Nano-CT“ des französischen Herstellers RX Solutions ist ein guter Kompromiss zwischen Probengröße und Auflösung.
Einerseits können relativ große Proben bis 70 cm Höhe gemessen werden, andererseits ist eine relativ hohe Auflösung (Voxelsize <1μm) möglich, wie sie z.B. für die Untersuchung von Schaltkreisen nötig ist.
Der Degen passte tatsächlich in die Probenkammer und so bestand die Hoffnung, dass der Degen „virtuell“ aus der Korrosionsschicht „ausgepackt“ und eine potentielle Inschrift gefunden werden kann.

Das dies tatsächlich möglich war, zeigen die folgenden Abbildungen 4 bis 7.

Mit Hilfe von Auswerte-Algorithmen konnten aus den Grauwertbildern die Materialien des verrosteten Degens extrahiert und in Falschfarben dargestellt werden. Abbildung 5 zeigt, dass es möglich war, die Reste der Degenhülle (grün) auf dem Klingenstahl zu erkennen. Rechts in der Abbildung hat die Degenhülle bereits gefehlt. Dort konnte die Korrosion den Degen stärker schädigen und einen Buchstaben (rot) zerstören. Mit CT konnte nachgewiesen werden, dass der Waffenschmied verschiedene Stähle miteinander verschweißt hat. Die Kerbe links in Abb. 6 könnte eine Hiebmarke sein.

Die mittels CT sichtbar gemachte Inschrift mit dem Namen „Clemes Stam“ verweist nicht auf den Eigentümer der Waffe, sondern auf eine Ende des 16. Jahrhunderts in Solingen nachgewiesene Klingenschmiede.
Vergleichbare Waffen aus der Zeit von 1580 bis 1620 finden sich im Deutschen Klingenmuseum Solingen. Waffen dieser Art konnten und durften nur Mitglieder der Oberschicht tragen. Die Solinger Werkstatt hat den europäischen Hochadel mit exklusiven Waffen ausgestattet und auch Waffen für den spanischen König gefertigt. Der Jenaer Degen hebt sich durch seine aufwändige Tauschierung von den Waffen mit eingeschlagener Inschrift ab.
Ein solcher Degen in Jena kann nur einem Rektor oder einem Studenten mit adliger Herkunft gehört haben.

Gern können Sie uns ansprechen, wenn Ihnen vielleicht CT-Messungen bei der Lösung Ihrer Probleme weiterhelfen können.
In unserem CT-Applikationslabor können wir auch Testmessungen zu günstigen Konditionen durchführen, wenn erst geklärt werden muss, ob die Computertomographie für Ihre Proben geeignet ist.
 

Dank
Wir danken dem BMBF für die Förderung des Geräts (Förderkennzeichen: 03WIR07IL1) und der Physical Electronics GmbH für dessen Aufbau und Service.
 

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
 

INNOVENT e. V. Technologieentwicklung Jena
 

Computertomographie:
Dr. Frank Froehlich
E-Mail: f.froehlich@innovent-jena.de
 

Dr. Ralf Linke
E-Mail: r.linke@innovent-jena.de
 

PARTNER:
 

Physical Electronics GmbH www.phi-gmbh.eu
 

Friedrich-Schiller-Universität
Sammlung „Ur- und Frühgeschichte“ (UFG)
www.gw.uni-jena.de/11495/sammlung
Dr. Enrico Paust
Kustos Sammlung UFG; Projekte »Collegium Jenense«
E-Mail: enrico.paust@uni-jena.de

 

Weitere Informationen zur Computertomographie bei INNOVENT: 

www.innovent-jena.de/mos/technische-ausruestung/mikro-computertomographie

 

Weitere Informationen zum “Collegium Jenense” unter https://kollegienhof.uni-jena.de/das-projekt