Forschungsbereich

Biomaterialien

Diagnostische Systeme

Molecular Imprinting als Technik zur spezifischen Proteinerkennung

Der Fokus der Arbeiten im Forschungsgebiet Diagnostische Systeme liegt in der Entwicklung von neuartigen, innovativen Substraten mit spezifischen Proteinerkennungsstrukturen zur Anwendung in der proteomischen Separation, Identifikation und Charakterisierung. Als Substrate für die Proteinerkennung eignen sich dabei verschiedene Materialien mit unterschiedlichen chemischen und mechanischen Eigenschaftsprofilen. Die spezifische Information zur Proteinerkennung wird durch Molecular Imprinting Techniken in die Substrate übertragen.
 

Ein Forschungsschwerpunkt ist die Entwicklung, Darstellung und Charakterisierung einer für verschiedene Modellproteine maßgeschneiderten Hydrogelmatrix. So werden Polyacrylamid-Gele (PAG) sowie Gele aus Polyethylenglycol-Acrylamid-Copolymeren (PEGA) und N,N′-Methylenbisacrylamid, die zusätzlich durch den Einsatz Acrylat-funktionalisierter Hyaluronsäuren, Dextrane und Alginate modifiziert werden, als Protein Capture Matrix eingesetzt. Aus solchen photochemisch vernetzbaren Schichtsystemen können modulare Protein-Biochips für viele diagnostische Methoden aufgebaut werden.

Einen weiteren Forschungsschwerpunkt bilden die Arbeiten zur Entwicklung und Charakterisierung von molekular geprägten Hydrogel-Beads als Capture-Matrix zur spezifischen Proteinerkennung. Hydrogel-Nanopartikel haben für diagnostische Methoden auf Basis von Protein-Protein-Wechselwirkungen schon jetzt eine hohe praktische Relevanz. Die gegenwärtige Standardmethode in der klinischen Diagnostik zur quantitativen Bestimmung des Blutzuckerwertes bei der Diabetesbehandlung wird zum Beispiel auf der Grundlage eines partikelbasierten Assays durchgeführt. Ziel ist die Entwicklung molekular geprägter Capture-Beads, die später in diagnotischen Verfahren, wie einem immunturbidimetrischen Assay zur Bestimmung des HbA1c-Wertes Verwendung finden könnten.

Der dritte Forschungsschwerpunkt beschäftigt sich mit molekular geprägten Ormocer/Sol-Gelen als Capture-Matrix für die Affinitätschromatographie. Die Affinitätschromatographie ist eine der leistungsfähigsten biotechnologischen Trennmethoden und basiert auf der spezifischen Erkennung eines Proteins durch einen Antikörper oder bei Enzymen auf Ausnutzung der spezifischen Affinität eines Enzyms zu einem Inhibitor, Substrat oder Co-Faktor. Sie wird heute schon zur Isolation eines Analyten aus einer Lösung verschiedener Stoffe genutzt. So wird zum Beispiel das Hormon Pregnant Mare Serum Gonadotropin (PMSG), das im Blutserum trächtiger Stuten vorkommt, durch Affinitätschromatographie gereinigt und isoliert. Die bisher verwendeten Säulen sind jedoch relativ kostspielig und können nur eine begrenzte Anzahl von Zyklen genutzt werden. Molekular geprägte Ormocer/Sol-Gele wären gegenüber äußeren Einflüssen stabiler und würden eine hohe Zyklenzahl ohne Affinitätsverlust bei der Wiederverwendung ermöglichen. Das Molecular Imprinting von größeren Biomolekülen, insbesondere Proteinen führt zu einer wesentlichen Verbesserung bestehender biotechnologischer Verfahren und eröffnet neue Möglichkeiten in der Biotechnologie hinsichtlich der effektiven Isolation und Reinigung hochaktiver Komponenten, z. B. für neue Wirkstoffe und Medikamente.
 

Diagnostisches System zur Früherkennung von Periimplantitis-Entzündungen

In einem abgeschlossenen EU-Projekt („STEP“, FP7-SME, Projekt-Nr: 314911) wurde gemeinsam  mit 7 Partnern aus 4 europäischen Ländern ein diagnostisches System zur Früherkennung von Periimplantitis-Entzündungen von Dentalimplantaten entwickelt und in einen Kaugummi integriert.
 

Solche entzündlichen Prozesse im Mundraum werden oft zu spät erkannt und können dann zum Verlust des Implantates führen. Bei Entzündungen werden vom körpereigenen Immunsystem Enzyme (MMPs, Matrixmetalloproteinasen) aktiviert, welche verantwortlich für eine fortschreitende Gewebszerstörung sind.

Die Grundlage des entwickelten Tests beruht auf der Erkennung dieser MMPs durch eine mit einem Bitterstoff (Denatonium) und einem Trägermolekül versehene sensitive Peptidkette, welche durch das Enzym gespalten wird. Dadurch wird das Denatonium freigesetzt und durch einen unangenehm bitteren Geschmack auf der Zunge diagnostiziert. Für die Kopplung des Denatoniums an das sensitive Peptid wurde der Bitterstoff durch die Einführung einer Carboxylgruppe modifiziert, ohne dass der bittere Geschmack verloren geht. Sobald der Patient beim Kauen des mit dem Detektionssystem gekoppelten Kaugummis einen bitteren Geschmack verspürt, bedeutet das für ihn ein Alarmsignal und schnellstmöglich einen Zahnarzt aufzusuchen. Das Prinzip, die Zunge als ständig verfügbaren Detektor zu nutzen, lässt sich auch auf die Früherkennung weiterer Erkrankungen im Mundraum anwenden.


Dr. Jörg Reichert

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